4 typische Einwände gegen Paartherapie – und was an ihnen dran ist

Inhaltsverzeichnis

Paare in der Krise fragen mich immer wieder: „Was können wir tun, damit wir wieder glücklich sind zusammen?“ Als auch paartherapeutisch tätige Expertin für Konflikt- und Kommunikationskompetenz liegt es nahe, dass ich irgendwann den Impuls einbringe, es doch mal mit einer Paartherapie zu versuchen. Auch wenn ich es mittlerweile wissen müsste, so bin ich doch immer wieder bass erstaunt, wie schnell in diesem Fall die ersten Einwände kommen. Die häufigsten sind:

  • So schlimm ist es nun doch nicht!
  • Das kriegen wir schon selbst hin!
  • Dafür haben wir keine Zeit.
  • Dafür haben wir kein Geld.

In diesem Blogpost möchte ich mich genau diesen Einwänden widmen. Ich möchte prüfen, inwieweit diese Einwände Berechtigung haben und schauen, an welcher Stelle womöglich Vorstellungen dominieren, die ich aufgrund meiner Erfahrungen als Paartherapeutin nicht teile.

Also, lasst uns schauen, was es mit den Einwänden auf sich hat!

1. So schlimm ist es nun doch nicht!

Manchmal läuft es einfach nicht ganz rund in der Beziehung und die Gründe davon sind total banal:  

  •  Du steckst gerade in einem stressigen Projekt und kannst einfach weniger verknusen.
  • Die Kinder pubertieren gerade vor sich hin und fordern deinen letzten Nerv.
  • Du hast einfach mal eine schlechte Phase
  • Die Sterne gerade stehen schlecht 😉

Wenn Unzufriedenheiten punktuell oder nur kurzzeitig auftreten, dann müsst Ihr tatsächlich nicht gleich zur Paartherapie rennen. Etwas anderes allerdings ist es, wenn

  • die Unzufriedenheiten länger bestehen
  • der Frust zunimmt
  • Eure emotionale Reaktion aufeinander heftiger wird. Unerheblich ist dabei, ob sich Eure Emotionen nach innen (Hilflosigkeit, Resignation, Selbstvorwürfe etc.) oder nach außen (Wut, Ärger, Vorhaltungen etc.) entladen

Als Paartherapeutin kann ich nur sagen: Wenn auch nur einer dieser Punkte zutrifft, dann solltet Ihr aktiv werden! Denn mal ehrlich: Eine Partnerschaft ist doch nur dann wirklich schön, wenn man auch glücklich miteinander ist.

Krisen werden nicht besser, wenn man sie aussitzt. Sie können sogar zu echten Beziehungskillern werden!

Michael Cöllen, einer der großen Paartherapeuten im deutschsprachigen Raum und Begründer der Paarsynthese pflegte in unserer Ausbildung immer wieder zu sagen: „In einer Paartherapie müssen die Heilungskräfte schneller wirken, als die Zersetzungskräfte.“

Konkret bedeutet das:
Je länger Ihr wartet, umso mehr gefährdet Ihr Eure Beziehung!

Ihr könnt Euch also sehr viel ersparen, wenn Ihr bestehende Probleme ernst nehmt und rechtzeitig und mutig angeht.

2. Das kriegen wir schon selbst hin!

Fast genau so häufig wie die Vorstellung, die Situation sei doch gar nicht so schlimm, begegnet mir Menschen, die fest davon überzeugt sind, die Probleme in ihrer Partnerschaft selbst lösen zu können. Und das obwohl  

  • Gespräche oft im Streit enden
  • mindestens eine:r mehr und mehr verstummt
  • mindestens eine:r immer lauter und aggressiver wird
  • Ihr nachts vor Stress oder Unglück nicht mehr schlafen könnt

Ist das der Fall, macht es Sinn, ehrlich zu sich zu sein und sich einzugestehen: Wir kriegen es offensichtlich doch nicht alleine hin! Das ist übrigens kein Zeichen von Unfähigkeit, sondern etwas ganz Normales:

  • Wenn der Zahn weh tut, dann geht Ihr auch zum Zahnarzt.
  • Wenn das Auto ruckelt, dann geht Ihr in die Werkstatt.
  • Wenn der Abfluss verstopft ist und das Abflussfrei nicht hilft, dann ruft Ihr den Klempner.

Fakt ist: Zwischenmenschliche Beziehungen gehören zu den komplexesten Herausforderungen des Lebens. Ganz besonders gilt das für Liebesbeziehungen und erst recht für Partnerschaften. Liebe macht Menschen verletzlich und eine Partnerschaft ist nicht nur ein Zuckerschlecken, denn in einer Partnerschaft muss auch noch der Alltag gemeinsam gewuppt werden.  

Insofern frage ich mich durchaus, weshalb so viele Menschen  gerade bei dieser „Königsdisziplin“ des Lebens überzeugt davon sind, es im „Do-it-yourself“-Verfahren hinzubekommen, während sie bei sonstigen Belangen des Lebens ganz selbstverständlich zum Spezialisten gehen?

3. Dafür haben wir keine Zeit

Während es bei den ersten beiden Einwänden insbesondere um die Unterschätzung möglicher Krisen und ihrer Lösbarkeit geht, rücken jetzt anscheinend beschränkte Ressourcen in den Fokus. Wie so oft geht es vor allem um fehlende Zeit und fehlendes Geld.

Schauen wir uns erst einmal den Einwand an, man habe keine Zeit für eine Begleitung als Paar:

Ich denke, es ist sinnvoll, erst einmal zu klären, wovon wir genau sprechen, wenn es um eine mögliche paartherapeutische Begleitung geht:

Eine Paartherapie dauert in der Regel 90 Minuten, bei mir aus guten Gründen 30 Minuten länger, also 120 Minuten. In der Regel reicht für eine Begleitung ein Termin im Monat aus. Lediglich in den ersten Monaten oder wenn ein Paar arg in der Krise steckt ist ggf. eine engmaschigere Begleitung wichtig. In Fällen wie diesen kommt in der Regel ein weiterer Termin dazu. Dann sprechen wir von zwei Terminen im Monat, also maximal vier Stunden.

Ich bin häufig sehr erstaunt, wenn ich mitbekomme, wie viel Zeit Paare verbraten, nur weil sie sich mal wieder streiten. Bei meinem Mann und mir war das früher nicht anders. Wie viel Zeit und auch wertvolle Lebensenergie ist da oft auf der Strecke geblieben, weil wir mal wieder den Weg nicht herausgefunden haben aus der Streitspirale!

Insofern: Eine Krise bindet in aller Regel mindestens so viele Ressourcen, als die zwei bis vier Stunden Begleitung pro Monat!

4. Dafür haben wir kein Geld

Während man ziemlich schnell überprüfen kann, wie viel Zeit man pro Monat in unnötigen Streitereien bindet, ist es mit dem Geld nicht ganz so einfach. Die Kosten einer Krise sind nämlich nicht gleich sichtbar, sondern nur dann, wenn man die Beziehung tatsächlich an die Wand gefahren hat. Wenn es dann zur Trennung kommt, kommt finanziell schnell das böse Erwachen:

Die doppelte Haushaltsführung kostet viel Geld – insbesondere dann, wenn man in der Stadt wohnt. Ob Hamburg, Stuttgart oder München – unter 800 Euro Kaltmiete ist kaum mehr eine Wohnung zu bekommen, während wir hier in der Schweiz nochmals über ganz andere Beträge sprechen: Unter 1200 CHF ist kaum mehr eine 2-Zimmer-Wohnung zu bekommen – und da spreche ich noch nicht einmal von Basel, Zürich oder Bern!

Allein mit einer zweiten Wohnung kommt so locker ein vierstelliger Betrag an Mehrkosten zusammen – und das allein in einem Monat!

Doch bei einer Trennung kommt nicht nur die Miete dazu. Mindestens eine neue Möblierung muss her, manchmal braucht es auch noch ein zweites Auto.

Fakt ist: Mit lediglich den in einem Jahr eingesparten Mieteinnahmen für eine kleine zweite Wohnung könnte man sich locker 3 bis 3,5 Jahre begleiten lassen – auch wenn man so lange notwendiger Weise gar nicht braucht. Und dabei sind alle zusätzlichen Kosten, die mit einer Trennung verbunden sind, noch gar nicht eingerechnet. 

„Wer der Meinung ist,
sich eine Paartherapie nicht leisten zu können,
sollte sich bewusst sein:
Eine Trennung ist finanziell die weitaus größere Belastung.“

Wenn man dann noch die Kollateralschäden wie z. B. 

  • emotionale Auswirkungen auf das Paar und erst recht auf ggf. vorhandene Kinder
  • Stress und der ganze Aufwand, den eine Trennung mit sich bringt 
  • Patchwork-Hickhack

hinzu addiert, dann ist eine Paartherapie nicht nur wirtschaftlich betrachtet die weitaus sinnvollere Option.  

Gleichwohl sehe ich natürlich das Problem der begrenzten finanziellen Ressourcen. Deshalb werde ich demnächst noch einen Blogpost verfassen, in dem ich zehn Ideen vorstelle, wie Ihr Euch auch eine Paartherapie leisten könnt – sogar dann, wenn das Euch zur Verfügung stehende Geld tatsächlich knapp ist.

5. Zusammenfassung

Wie du siehst: Die häufigsten Einwände gegen eine Paartherapie halten einer genaueren Betrachtung nicht Stand.

Gleichwohl sind sie nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass viele Menschen nur ungerne ihre Komfort-Zone verlassen – sogar dann, wenn es in der Komfort-Zone gar nicht mehr komfortabel ist.

Ich kann sowohl als Betroffene als auch als Begleitende sagen: Es lohnt sich, die  Komfort-Zone zu verlassen und sich für neue Impulse zu öffnen. Wenn Ihr mutig seid und Euch nicht ausbremsen lasst von Einwänden, könnt Ihr wieder zurück zur Liebe finden. Und das sogar gemeinsam.   

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Piroska Gavallér-Rothe

Kommunikations-Coach, Buchautorin, Speakerin
Hallo, ich bin Piroska

Wenn Du tiefer einsteigen willst, kontaktiere mich gern!

Dies ist ein Bild von Piroska-Gavaller-Rothe, Kommunikationstrainerin

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